ALTER SCHWEDE!
Das hatte Patrick Mascobado nun davon. Drei Kinder. »Selbst schuld«, sagten seine Freunde immer. Die drei hatten bei der Frühstücksvorbereitung – die Mutter war Brötchen holen - ganze Arbeit geleistet.
Zuerst erwischte der Älteste beim Pfannkuchenmachen die falsche Mehldose und öffnete sie so schwungvoll, dass er in eine stattliche, sich nur langsam setzende Hafermehl-Wolke gehüllt wurde. Der Mittlere bereitete sich selbst ein Müsli zu und streute dabei das Wohn-Esszimmer samt der offenen Küche mit Haferflocken, kernig, ab. Der Jüngste entdeckte währenddessen, in dem sich langsam entfaltenden Durcheinander, die Backzutatenschublade.
Spuckefeuchte Zeigefinger arbeiteten sich beharrlich zuerst durch Rohrzucker, dann durch teure, gemahlene Vanille, bevor sie in die Öffnung einer wiederverschließbaren Kilotüte zu feinherben Schokotröpfchen vordrangen und so das an den Fingern angewachsene Kind in einen paradieserlebenden Zustand versetzten.
Dies zumindest, bis ein erstaunt gebrülltes »ALTER SCHWEDE« den Genusszauber abrupt beendete.
Das alles war gefühlt innerhalb eines Wimpernschlages geschehen. Patrick Mascobado hatte lediglich ein Päckchen Butter aus dem Kühlschrank holen wollen, sich aber nicht gleich mit dem an sich durchdachten, von seiner Ehefrau erfundenen und im Familienkühlschrank implementierten Lagerungssystem zurecht gefunden. Originalverpackte Butter findet sich unten rechts hinter der Frischmilch.
Als er sich dann umdrehte und die neu gestaltete Wohnlandschaft sah, verwandelte sich ein tsunamiartiger aufbauender Urschrei in das katalysierende »ALTER SCHWEDE!«, mit dem er seinen Nachwuchs auf sein Erstaunen aufmerksam machte.
Nachdem der erste Schrecken vorüber war, wandte sich der leicht beanspruchte Vater seinen Söhnen zu und sagte: »Ach, Jungs, schade um die guten Lebensmittel. Was man damit hätte Schönes machen können ...«
»Ja, was denn, Papa?«, fragten ihn die Kinder im Chor, während Mascobado alles auf einer großen Kehrschüppe zusammenfegte.
»Na, zirka vierzig Haferkekse!« Mascobado zeigte zuerst auf das Päckchen, in dem die 250 Gramm Butter verpackt waren, die er gerade aus dem Kühlschrank geholt hatte, dann auf das Zusammengekehrte. »Das sind ungefähr 400 Gramm kernige Haferflocken, 100 Gramm Hafermehl, 100g Rohrohrzucker, eine Messerspitze Vanille und 50 bis 80 Gramm feinherbe Schokotröpfchen. Da würde nur noch eine Prise Salz fehlen.«
Während er die zusammengefegten Lebensmittel in den Mülleimer kippte, wünschte er sich an einen schöneren Ort, an dem er diese Zutaten in einer großen Schüssel, mit bloßen, frisch gewaschenen und manikürten Händen leidenschaftlich zu einem Teig verknetet, zu einer Rolle geformt, mit einem Messer in einen Zentimeter dicke Scheiben geschnitten und dann mit den Handflächen auf zwei mit Backpapier belegten Backblechen zu Keksen plattgedrückt hätte. Aber so hatte es nicht sein sollen.
»Ach, Jungs, wisst ihr«, sagte Mascobado, das spart jetzt wenigstens etwas Strom. Zehn bis fünfzehn Minuten bei 175°C Umluft im vorgeheizten Backofen kosten ja auch Geld.«
27.2.21
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