Donnerstag, 3.3.22
Dieses Bild ist im Jahr 2018 entstanden und steht seit drei Jahren im Treppenhaus meiner Wohnung. Lange habe ich keinen passenden Titel gefunden. Die weiße Farbe, die ich auf das Bild habe laufen lassen, als es sich auf meiner Drehvorrichtung drehte, erinnerte mich immer an einen Vogelschiss.
Unter dem Eindruck des Krieges, der seit einer Woche in unserer Nachbarschaft ausgefochten wird, und eines Wagens, der am vergangenen Montag auf der Kölner Friedensdemonstration durch die Stadt fuhr, ist mir ein neuer Gedanke zu dem Bild gekommen. Jener Wagen zeigte eine Friedenstaube, die von einer russischen Fahne aufgespießt wird. Plötzlich erinnert mich das weiße Farbfeld im Zentrum meines eigenen Bildes an einen Vogel, an eine Taube. Plötzlich sieht die rote Farbe aus wie Blut.
Und, zu der Zeit, als dieses Bild entstand, verwendete ich ausschließlich Grundfarben, weshalb ich selbst das Grün aus einem Blau und einem Gelb anmischte. Es ist Zufall, dass dies die Farben der ukrainischen Flagge sind. Und, dass die im gesamten Bild verwendeten Farben auch die Farben der russischen Flagge umfassen.
Drei Jahre lang bin ich mehrmals täglich an diesem Bild vorbeigegangen, habe es angesehen, habe mir meistens keine Gedanken dazu gemacht. Seit heute ergibt das Bild für mich einen Sinn. Seit heute spricht das Bild zu mir. Seit heute weiß ich, dass es
»Die Taube«
genannt werden muss.
Aber im Gegensatz zur Taube auf dem Kölner Kundgebungswagen überdeckt die Taube auf meinem Bild das Blut, das zur Seite gespritzt ist. Sie ist befleckt, liegt jedoch darüber. Vielleicht ist dies ein Zeichen, dass es Hoffnung auf einen baldigen Frieden geben kann. Ich möchte es glauben.